Offener Brief Einheitliches Corona-Konzept der gesamten Ärzteschaft
Berlin, 9.11.2020
Angesichts der kontroversen Diskussion um das Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Strategie von Bund und Ländern in der Corona-Pandemie fordert der GFB mit dem vorliegenden Offenen Brief ein einheitliches Konzept aller deutschen Ärzte.
Sehr geehrter Herr Präsident,
lieber Herr Reinhardt,
die aktuell aufgeregte und vor allem kontrovers geführte Diskussion innerhalb der Ärzteschaft und deren verschiedener Verbände zum Thema eines angemessenen Umgangs mit der Corona-Pandemie, veranlasst die GFB zu einem Aufruf, eine gemeinsame ärztliche Plattform einzurichten, die gegenüber
Politik und Gesellschaft möglichst einheitliche Positionen erarbeitet.
Es ist an der Zeit, eine fachgebiets- und sektorenübergreifende Diskussion in der verfassten Ärzteschaft Deutschlands zum Pandemiegeschehen zu Corona zu führen. Sie muss die Einzel-bereiche der Ärzteschaft, die verschiedenen Fachgebiete, den Öffentlichen Gesundheitsdienst und ggf. einzelne medizinische Experten in ein Gesamtkonzept einbinden. Ziel muss die Entwick-lung eines nachhaltigen und ganzheitlichen Konzepts der Ver-sorgung unter den Bedingungen der Pandemie aus ärztlicher Perspektive sein. Der daraus erwachsende Konsens dient unab-hängig von den persönlichen Meinungen Einzelner oder den durchaus widersprüchlichen Auffassungen einzelner Teile der Ärzteschaft als fachliche Grundlage für künftige weitreichendere politische Konzepte von Politik und Gesellschaft im Umgang mit
dem Virus. Die Bundesärztekammer als Institution der verfassten Ärzteschaft Deutschlands ist dafür die richtige Plattform. Wir fordern die Bundesärztekammer auf, diese Corona-Debatte zu organisieren und zu moderieren. Das sollte nicht von einzelnen Gruppen für sich reklamiert werden.
Die Diskussion um das jüngst erschienene KBV-Positionspapier zeigt, dass Aussagen Einzelner trotz berechtigter Positionen zunehmend zur Austragung persönlicher Differenzen oder von parteipolitischen Interessen missbraucht werden. Es bedarf einer von der Bundesärztekammer moderierten und nach außen kommunizierten Diskussion der Ärzteschaft, vor allem, um neben den aktuellen unmittelbaren Maßnahmen der Pandemie Ein-dämmung langfristige Strategien aus ärztlicher Sicht zu ent-wickeln, um das zweifellos noch lange erforderliche „Leben mit dem Virus“ in Abwägung zwischen Allgemeinwohl und
Individualgesundheit mit möglichst geringen Schäden zu gestalten.
Die Ärzteschaft steht in der Pflicht, aus ihrem ethischen Grundverständnis heraus, Wege aufzuzeigen, wie einerseits die Gesundheit des Einzelnen, andererseits aber auch die Gesund-heitsfürsorge gegenüber der Gesellschaft miteinander in Einklang gebracht werden kann.
Dazu muss ein gemeinsamer Konsens der gesamten verfassten Ärzteschaft erarbeitet werden. Denkbar wäre eine konzertierte Aktion der bei der BÄK angesiedelten Akademien der Haus- und Fachärzte oder ggf. auch eine gemeinsame Diskussionsplattform der Verbände mit Einzelexperten. Solch ein Konsens auf Grund-lage der Expertise aller Fachgebiete und Sektoren der Ärzteschaft ist die einzige Möglichkeit, eine mittel- und langfristige Pers-pektive für ein Leben mit dem Virus erfolgreich in Gesellschaft und Politik verankern zu können.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg, Präsident
Dr. med. Gundolf Berg, Vizepräsident
Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände e.V. (GFB)
letzte Änderung: 6.4.2023 12:12