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BDP - Bundesverband Deutscher Pathologen e.V.

Biomarker-Tests bei Brustkrebs: Innovationen im deutschen Gesundheitssystem bleiben schwierig


Berlin, 5.12.2016
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kommt in seinem heute vorgelegten Abschlussbericht über „Biomarker–basierte Tests zur Entscheidung für oder gegen eine adjuvante systemische Chemotherapie beim primären Mamma-Karzinom“ zu der Einschätzung, dass es derzeit für den Nutzen oder Schaden des Einsatzes von Genexpressionstests in der molekularpathologischen Diagnostik von Brustkrebs keinen Anhaltspunkt gebe. Der Bundesverband Deutscher Pathologen und andere ExpertInnen kritisieren die Beurteilung des IQWiG als methodisch fragwürdig und wenig an die Versorgungsrealität orientiert.

„Niemand kann mit diesem Ergebnis zufrieden sein, auch das IQWiG selbst nicht“, so Prof. Bürrig, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Pathologen. Er ist überrascht, dass sich das IQWiG nach seiner fast drei Jahre währenden Beurteilung in dem Pressegespräch auf einen Test fokussiert hat, der in Deutschland wie in den meisten anderen Ländern nur in untergeordnetem Umfang verwendet wird und vor über 15 Jahren auf der Basis von nur 78 Patientinnen entwickelt wurde. „Die Erkenntnisse aus der Behandlung von Tausenden von Patientinnen, auf denen neuere Tests beruhen, wurden vom IQWiG aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht betrachtet.“ meint Prof. Bürrig. „Die Kriterien, die das IQWiG bei der Auswahl der relevanten klinischen Studien angelegt hat,“ so Prof. Bürrig, ignorieren auf unzulässige Weise die methodischen und konzeptionellen Fortschritte, die wir international in den letzten Jahren bei der Entwicklung und Validierung von Biomarkern erzielt haben.“ Trotz deutlich formulierter Kritik der wissenschaftlichen Gesellschaften der beitragenden medizinischen Fächer am Vorbericht, hat das IQWiG auch in dem nun vorgelegten Schlussbericht die Ergebnisse der zahlreichen und international akzeptierten prospektiv-retrospektiven Biomarkerstudien nicht berücksichtigt.

Noch deutlicher wird Prof. Dr. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München: „Das IQWiG exerziert hier die reine Lehre auf dem Rücken von jährlich mindestens 25.000 Brustkrebspatientinnen“ analysiert Prof. Kiechle. „Die Entscheidung für oder gegen Chemotherapie erfordert es, zahlreiche Faktoren reflektiert gegeneinander abzuwägen. Dazu gehört es natürlich auch, die Schädigungen, die eine Chemotherapie den betroffenen Frauen zufügen kann, mit zu betrachten.“

Das IQWiG kommt in seiner Analyse zu dem Schluss, dass das, was in der anderen „Waagschale“ liege, nämlich welches Schadpotential eine Chemotherapie habe, unklar bliebe. „Hier waren die Theoretiker am Werk“, meint Prof. Kiechle. „Mit ein wenig mehr ärztlichem Augenmaß und ein wenig mehr Kenntnis der Versorgungsrealität an unseren Kliniken, wäre die Empfehlung des IQWiG sicher ganz anders ausgefallen.“

Genexpressionstests haben sich in den letzten etwa 10 Jahren zu einer international eingesetzten molekularpathologischen Methode entwickelt, um dort, wo möglich, Brustkrebspatientinnen unter deutlich reduziertem Einsatz von Chemotherapie zu behandeln. Dies empfehlen unter genau definierten Umständen die wichtigsten internationalen Leitlinien für die Behandlung von Brustkrebs, unter anderem die Leitlinie der European Society for Medical Oncology (ESMO) und der American Society of Clinical Oncology (ASCO). In zahlreichen Ländern, wie in den USA, aber auch in Großbritannien, in der Schweiz oder in Israel, steht die Genexpressionsdiagnostik Brustkrebspatientinnen als Leistung des jeweiligen Gesundheits­systems selbstverständlich zur Verfügung. Im deutschen Gesundheitssystem allerdings bleiben Innovationen weiterhin schwierig.



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